DanzAbierta
„Getanzte Geschichten, ein Kaleidoskop der Emotionen, pure Lebensfreude und tiefste Verzweiflung – alle das gehört zu den Markenzeichen des international besetzten Aachener Tanzfestivals Schrittmacher, das sich am Wochenende mit «just dance» von seiner neuen, bestens angenommenen Spielstätte – der Fabrik Stahlbau Strang in Aachen – verabschiedete…
‚Wir haben das Experiment gewagt, und es wurde ein Fest von einem Festival‘, so Rick Takvorian, Leiter von Schrittmacher. ‚Das beste Festival, das wir je hatten.‘ Und das Publikum antwortete mit Applaus…
Mit der Compagnie DanzAbierta aus Kuba beherrschen an diesem Abend Stars der Szene die tiefe Bühne in der einstigen Werkshalle…
Mit ihrer von Susana Pous choreographierten, preisgekrönten Produktion ‚MalSon‘ setzt das Ensemble, begleitet von faszinierenden Videoprojektionen und getragen von einer heftigen Klangkulisse (beides X Alfonso), die Gedanken, Gefühle, Freuden und Nöte junger Menschen in ihrer kubanischen Heimat um. Und das jenseits aller Klischees. Der Son, die Musik des Landes, durchströmt Stück und Ensemble. Bei ‚MalSo‘ sind leidenschaftliche Akteure auf der Bühne, die ein Höchstmaß an tänzerischem Können mit starken Empfindungen verbinden…
Lust und Leidenschaft, Anziehungskraft und Abwehr im Geschlechterkampf werden funkelnd umgesetzt. Mal weich und sehnsüchtig, dann wieder zornig und mit zackigem Stechschritt durchmessen sie ihre Welt, getrieben von der Suche nach Glück…
Mit einem stillen Schlussbild endet die Seelen-Achterbahn. Wie auf einer Hafenmauer sitzen Tänzerinnen und Tänzer auf dem Block und blicken in die abendliche Ferne. Ein Paar hat sich gefunden, eine der Frauen rückt traurig ab, die beiden anderen sitzen einfach nur da. Körpersprache bis das Bühnenlicht verlöscht…
Euphorischer Beifall.“
Aachener Nachrichten/Aachener Zeitung
28. Februar 2011
Sabine Rother
Fabien Prioville Dance Company
„Eigentlich ist das Erfolgsprogramm des 16. Schrittmacher-Festivals kaum noch steigerbar. Doch in der rauen „stählernen“ Umgebung der Fabrik in Aachens Osten wurde jetzt am Sonntag eine ganze Geschichte erzählt, nein genial getanzt. Das fulminante Solo von Fabien Prioville führt geradewegs in den Kopf eines Amokläufers in den Stunden kurz vor der Tat…
Ohne Pause wagt sich Prioville 60 Minuten lang an die Persönlichkeit eines Menschen heran, der von mörderischen Gedanken überflutet wird…
Unterstützt von dem Kölner Elektronik-Musiker Frank Schulte und dem Videokünstler Uli Sigg lässt der Tänzer bewegte und bewegende Bilder erstehen, die kühl und sinnlich zugleich die Anatomie eines Mörders freilegen…
Eben noch in einer Zen-Haltung, stürzt er immer wieder, er rutscht und zappelt, versucht immer wieder, sich aufzurichten. Nach einem Moment der Ruhe kniet der Schmerzensmann sehr aufrecht, qualvoll wie halbgelähmt…
Jetzt ist er ein Verlorener, Gequälter im T-Shirt, später mit nacktem Oberkörper. Computerspiele stürmen über ihn herein, lodernde Fantasien und Flammen, Waffengewalt und grausige Explosionen. Alles spitzt sich zu: Aus seinem T-Shirt wird eine Maske, über den Kopf gezogen. Wie ein Alien sieht er jetzt aus, oder wie ein Ninja in weißer statt in schwarzer Vermummung…
Aus dem Burnout-Mann ist ein Shooter geworden, die Verzweiflung wird zur rasenden und doch kalten Wut. Die Opfer, in den Umrissen einer kriminaltechnischen Untersuchung zu erahnen, kümmern ihn nicht. Das Ende – wohl hinter Gittern – zeigt den Amokläufer recht ruhig. Den Ausbruch aus seinem inneren Gefängnis hat er längst hinter sich…
Tosender, kaum enden wollender Applaus und Jubelrufe für diese unglaubliche Vorstellung, für einen großen Tänzer ebenso wie für Musik- und Videoleistung.“
Aachener Nachrichten/Aachener Zeitung
22. Februar 2011
Grit Schorn
Otra Danza
„Höchst ungewöhnliche und kreative Körper-Poetik: Dafür steht die junge spanische Tanzkompanie Otra Danza…
«Back» heißt das Programm – der schlichte Titel verweist bereits auf eine Rückführung zum Körper selbst. Lichtspiele und eine stets sich verändernde Projektionswand führen die Zuschauer in eine magische Welt. Die fantastischen Klangteppiche der kanadischen Komponistin Zoé Keating geben das Tempo für die Tänzer vor, der spiegelnde Boden wirkt wie eine heimliche «Unter-Welt» des Geschehens…
Schon der Auftakt ist unwiderstehlich – eine blasse Gestalt wälzt sich am Boden, ein Mann in kreatürlicher Nacktheit. Als ob er erst seine Menschwerdung durchleben müsste, gesellen sich allmähliche andere Figuren hinzu. Glitzernde Spiegel werden ihm entgegengehalten, als müssten die Facetten seiner Persönlichkeit sich erst ordnen und gestalten…
Betörende Szenen der Selbstvergessenheit einer Frau, der Einsamkeit eines Mannes wechseln sich ab mit Bewegungsabläufen, die alle Tänzer einbeziehen. Sie alle scheinen den Raum «erobern» zu wollen, bis zur Erschöpfung vollführen sie ihren etwas «anderen Tanz» (Otra Danza). Das Publikum haben sie längst erobert, was sich in den anschließenden Beifallsstürmen zeigt.“
Aachener Nachrichten /Aachener Zeitung
21.02.11
Grit Schorn
RUBBERBANDance Group
„Schrittmacher-Festival jetzt nicht fein im Forum, sondern rau und wild in früherer Fabrikhalle…
Die Decke der alten Fabrikhalle in Rothe Erde scheint tiefrot zu glühen, von den Seiten kommen warme und kühle Strahlungen – je nach Heizungseinfluss. Heiß und kalt wird es auch dem begeisterten Publikum, das sich hier so zahlreich eingefunden hat: Denn die kanadische Rubberbanddance Group zieht mit ihrem brillantem Körpereinsatz und avantgardistischem Stil-Mix wirklich jeden in den Bann…
Das kühne Unterfangen, diesmal die internationalen Tanzkompanien statt im derzeit belegten Ludwig Forum in ganz anderer, rauer und „werkstofflicher“ Umgebung vorzustellen, schickt sich gerade an, im 16. Jahr der anerkannten Festivalreihe zu einem Riesenerfolg zu werden. Vier Frauen und drei Männer begeistern von der ersten Minute an mit ihrem unorthodoxen Tanzvokabular, das so lässig wie kraftvoll HipHop-Einflüsse und klassischen Ausdruckstanz zu verknüpfen weiß. „Zitate“ von klassischen Hebefiguren imponieren ebenso wie kühne Schulterüberwürfe. Choreograf und Leiter der Truppe ist der vielfach ausgezeichnete Victor Quijada, der auch als Tänzer überzeugt…
Die Getriebenheit des unbehausten Menschen wird in wechselnden Auftritten aller Tänzer körperlich erfahrbar. Die Sprache der Körper entschlüsselt existenzielle Ängste ebenso wie Qual, Hoffnung und Lust.) Ein großartiger Abend mit kaum enden wollenden Beifallsstürmen des hingerissenen Publikums in allen Altersstufen.“
Aachener Nachrichten /Aachener Zeitung
14.02.11
Grit Schorn
Spellbound Dance Company
„Faszination am neuen Ort: Schrittmacher-Festival feiert seinen Auftakt in der Fabrik Stahlbau Strang mit begeistertem Publikum…
Die biegsam kann der menschliche Körper sein? Welche Perfektion erreichen zehn Tänzerinnen und Tänzer in ihrer Kunst des intuitiven Gleichklangs von Bewegung und Aktion? Zwei Fragen, die man nach einem Abend mit der Spellbound Dance Company neu stellen muss…
Bühne und Ambiente des Festivals, das seinen bisherigen Standort im Ludwig Forum für Internationale Kunst verlassen musste, sind neu und erfreulich inspirierend. In der Fabrik Stahlbau Strang an der Philipsstraße 2 verbindet sich jetzt das alle künstlerischen Grenzen überschreitende Ereignis, das bereits in die 16. Veranstaltungsrunde geht, mit dem attraktiven Ernst und den kraftvollen Spuren einer industriellen Geschichte…
Rick Takvorian, Gründer und Leiter des Festivals, konnte sich zum besonderen Auftakt 2011 vor Komplimenten kaum retten, gab sie aber auch kräftig weiter…
Mit drei Bussen reisten zum Auftakt Festivalbesucher aus den Regionen der Kooperationspartner Lüttich, Maastricht, Heerlen und Hasselt an…
Vom Zuschauer [sind] Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft gefordert, persönliche Assoziationen zu entwickeln. Und das gelingt, denn die Company bietet tiefgründige Bilder.“
Aachener Nachrichten /Aachener Zeitung – Kultur
07.02.2011
Sabine Rother